Naturschutzverbände warnen vor Fehlplanung bei Altebach II und „Am Fuhrweg“
Eitorf, 1.2.2021: Dass kommunale Politik oft ungerne in größerer Verantwortung denkt und lieber von der Hand in den Mund lebt, zeigt aktuell die Gemeinde Eitorf wieder eindrucksvoll. Nachvollziehbar ist der Wunsch, Gewerbeflächen vorhalten zu wollen. Doch die Planung für das Gewerbegebiet Altebach II ist weder erfolgversprechend noch entscheidungsreif. Trotzdem soll am 2. Februar im "Ausschuss für Stadtplanung, Ortsentwicklung, Mobilität und Klimaschutz" beschlossen werden, das förmliche Verfahren weiter voranzutreiben und den Flächennutzungsplan für eine Gewerbegebietsdarstellung anzupassen (TOP Ö 12.3).
Was spricht gegen diese Vorgehensweise:
In derselben Sitzung des Ausschusses am 2.2. wird über die Diskussion mit der Regionalplanungsbehörde berichtet, ob und wie überhaupt die Gewerbedarstellung im Regionalplan für Altebach II aussehen könnte (TOP Ö 5). Der Ausgang dieser Diskussion ist noch völlig offen. Schon aus diesem Grund ist die Aussage der Gemeindeverwaltung unter TOP Ö 12.2 fraglich, wonach Änderungen des Regionalplans bei der Neuaufstellung an dieser Stelle nicht zu erwarten seien (S. 7 der Sitzungsvorlage zu Ö 12.2 zu Einwendung Nr. 9 der Landwirtschaftskammer NRW).
Es besteht entgegen der Darstellung der Gemeindeverwaltung eine große Wahrscheinlichkeit, dass im neuen Regionalplan die Flächen von Altebach II nicht mehr als Gewerbefläche (Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzung, GIB) dargestellt werden. Die Gemeinde müsste ihren Flächennutzungsplan dann anpassen und eine Gewerbegebietsdarstellung im Flächennutzungsplan wieder zurücknehmen. Denn es gibt eine Anpassungspflicht der gemeindlichen Pläne an die Vorgaben des Regionalplanes (§ 1 Absatz 4 Baugesetzbuch). Da lohnt es nicht, jetzt für das Gewerbegebiet Altebach II Zeit- und Geldressourcen für eine absehbar nicht umsetzbare Planung zu investieren.
Warum steht das Planungsgebiet Altebach II im zukünftigen Regionalplan in Frage? Das Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) hat in seinem Fachbeitrag hier auf die Bedeutung der Fläche für den Artenschutz hingewiesen. Darauf macht auch die Kreisverwaltung in ihrer Stellungnahme (S. 8 zu TOP Ö 12.2.) aufmerksam. Die Vorschläge des LANUV sind in der Sitzungsvorlage zu TOP Ö 12.2. auf Seite 16 auch kartografisch dargestellt. Sie machen die Wucht des Konfliktes deutlich, den die Gemeinde offenbar partout nicht annehmen möchte. Denn für ein größeres Gewerbegebiet ist dort keine Fläche mehr vorgesehen.
Der Artenschutzkonflikt mit den Maculinea-Faltern ist deshalb so relevant, da der Rhein-Sieg-Kreis für das Überleben dieser Falter eine besondere Verantwortung trägt. Im Rhein-Sieg-Kreis und maßgeblich auch in Eitorf entscheidet sich mit, ob die beiden Arten Maculinea nausithous und Maculinea teleius, also der Dunkle und der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling, in NRW aussterben. Der Rat entscheidet hier also tatsächlich über den Fortbestand einer Art mit.
Doch selbst wenn man alle diese Hinweise in den Wind schlagen wollte, ist es schlicht unsinnig, die Planung ohne die Ergebnisse der noch laufenden Artenschutzprüfung durch den Beschluss voranzutreiben. So wie die Bezirksregierung, Dez. 51, eine Stellungnahme wegen fehlender Daten abgelehnt hat (S. 34 der Sitzungsvorlage zu Ö 12.2.) sollte auch die Ausschussmehrheit eine Entscheidung zur öffentlichen Auslegung (Ö 12.3) auf unsicherer Datenbasis ablehnen.
Zu denken geben sollte auch der Hinweis der Bezirksregierung Köln (Dez. 35) auf Seite 33 der Sitzungsvorlage zu TOP Ö 12.2., dass der Flächennutzungsplan der Gemeinde Eitorf aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts als Basis für eine geordnete Entwicklung nicht mehr genüge. Es heißt dort: „Eine Überprüfung der Wirksamkeit des aus den 60er Jahren stammenden räumlichen Konzeptes ist deshalb dringend angezeigt.“ Damit ist vorgezeichnet, wo die Gemeinde ihre planerische Energie aktuell entfalten sollte.
Die Naturschutzverbände warnen zudem vor der ebenfalls in der Sitzung am 2.2. vorgeschlagenen Bebauung „L 333, Am Fuhrweg/Canisiusstraße“, für die die Baulandentwicklung beschlossen werden soll (TOP Ö 9). Solange ein
Artenschutzkonzept für die Maculinea-Falter nicht steht, ist es fatal, wichtige Verbundkorridore zu zentralen Lebensraumflächen dieser Arten von der Siegaue abzuschneiden. Die Fläche des geplanten Baugebiets ist für den Schutz der Maculinea-Falter relevant, wie auch die Abbildung in der Sitzungsvorlage zu TOP 12.2. S. 15 eindrucksvoll zeigt. Sie ist dort als „potentieller Habitatstandort“ aufgeführt.
Die Gemeinde Eitorf ist aufgerufen, sich mit dem Artenschutz der Maculinea-Falter nicht nachlaufend und lediglich als Planungshindernis zu befassen, sondern gemeinsam mit der unteren Naturschutzbehörde ein schlüssiges Gesamtkonzept vorzulegen, wie der Artenschutz hier insgesamt bewältigt werden kann. Erst dann lohnt eine weitere fachliche Planung von Gewerbe- und Baugebieten. Die Teilnahme am Naturschutzgroßprojekt chance.7 wäre dafür übrigens eine hervorragende Gelegenheit gewesen, die die politische Mehrheit in Eitorf jedoch 2013 in den Wind geschlagen hat.
V.i.S.d.P.:
BUND Rhein-Sieg-Kreis
Achim Baumgartner (Sprecher)
Steinkreuzstraße 10/14
53757 Sankt Augustin
Mobil: 0152 5355 6074
NABU Rhein-Sieg
Hannegret Krion (Vorsitzende)
Liegnitzstraße 7
53721 Siegburg
Tel.: 02241 / 683 00
Die Sitzungsunterlagen für die Sitzung am 2.2.2021 in Eitorf sind hier abrufbar: